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Das Werk des Monats - Brigitte Corbisier

HOMMAGE AN GERMAIN DUFOUR (1943 - 2023)


 

Brigitte Corbisier (Lüttich, 1946) 
Porträts
1980
Buntstifte auf Kraftpapier (marouflé sur unalit).
2 x (33 x 43 cm); 1 x (26 x 39 cm)
Schenkung von Germain Dufour an die Stadt Lüttich, Februar 2023.


Diese Skizzen wurden von der Lütticher Künstlerin Brigitte Corbisier angefertigt. Sie wurden erst kürzlich in die Zeichnungssammlung des Musée des Beaux-Arts aufgenommen und sind das Ergebnis einer Schenkung von Germain Dufour, einem nonkonformistischen Kapuzinermönch aus dem Viertel Pier-reuse.

Germain Dufour, der am 9. März 2023 im Alter von 79 Jahren verstarb, widmete sein Leben den Rechtlo-sen und Obdachlosen. Als er sich in Lüttich niederließ und sein Leben als Arbeiterpriester hinter sich ließ, wurde er als Straßenkehrer eingestellt. Sein Engagement gegen Armut und Ausgrenzung führte ihn 1987 zur Gründung des Vereins Espace fraternel, der etwa zwanzig mittellose und ausgegrenzte Menschen aufnahm, von denen einige seine treuen Apostel blieben.
Die Wirkung seiner Hilfs- und Wiedereingliederungsaktionen wurde in der Cité ardente stets von allen gelobt. 1982 begann er eine politische Karriere bei Ecolo und später bei der Kommunistischen Partei. Schließlich kandidierte er 2012 zum letzten Mal auf der Vega-Liste.  
Germain Dufour engagierte sich für den Schutz des historischen Erbes und war seit den 1970er Jahren aktiv an den endlosen Konflikten im Zusammenhang mit den Abrissarbeiten im Viertel Pierreuse-Volière-Saint-Servais beteiligt. 
 
Die Skizzen, die die Künstlerin Brigitte Corbisier im Wartesaal des ehemaligen Bahnhofs Guillemins an-fertigte, stellen Porträts von Obdachlosen dar. Sie erzählt, dass sie sich zehn Jahre lang, von 1980 bis 1990, einer gewissen Disziplin unterwarf, die darin bestand, sich auf eine Bank zu setzen, um die Men-schen zu porträtieren. Das war vor langer, langer Zeit.  Sobald sie sich niedergelassen hatte, beobach-tete und skizzierte die diskrete Brigitte mit einer schnellen, lebhaften Bewegung die nachdenklichen oder verblüfften, eingemummten, liegenden oder miteinander plaudernden Männer. Die Künstlerin sprach sie nie an, sie hielt sich im Hintergrund und genoss es, ihre Haltungen und Verhaltensweisen zu studieren. Sie selbst zogen es oft vor, anonym zu bleiben.  "Nur Germain mit seinem Jesus-Christus-Look war mit einigen von ihnen befreundet. erzählt die Künstlerin amüsiert.

Mit ihrem scharfen Blick hat Brigitte Corbisier Momentaufnahmen aus dem harten Leben der Obdachlo-sen eingefangen. Mit dem lebhaften Strich ihrer Caran d'Ache versucht sie, diesen Menschen, die in der Gesellschaft oft unsichtbar sind, Individualität und Menschlichkeit zurückzugeben.

Diese zu Dutzenden auf Kraftpapier angefertigten Skizzen wurden von Brigitte Corbisier zu Beginn ihrer künstlerischen Laufbahn in der Galerie des Chiroux (Lüttich) und später in der Galerie La Meuse (Ver-viers) ausgestellt. Ein Dutzend dieser Zeichnungen schenkte sie ihrem Nachbarn und Freund Germain, der sie im Februar dieses Jahres dem Museum übergab.
Die Hervorhebung dieser Schenkung ehrt einen großzügigen, von allen geschätzten Mann, ein Lütticher Denkmal der gegenseitigen Hilfe und des Teilens, der gegangen ist, bevor die Stadt Lüttich ihm dafür danken konnte.*

Fanny Moens
Konservatorin